Was, wenn nicht eine Luxusuhrenmesse, spiegelt besser das soziale Gefüge unserer Gesellschaft wieder? Auf der Baselworld 2014 waren die zunehmenden Gegensätze deutlich zu spüren:  Während es die Branche für die Sammler-Elite krachen lässt, knirscht es in der Einstiegsklasse. „Wie es euch gefällt“ lautet das Motto auf der einen Seite, „Was krieg ich für mein Geld?“ auf der anderen.  Was wirklich fehlte: Innovationen zwischen 3.000 und 6.000 Euro. Also bye bye middle class? Es herrscht Unruhe im Reich der Mitte. Wir haben uns die wichtigsten Neuheiten dann doch mal genauer angesehen.

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Man könnte über die diesjährige Baselworld genau zwei Texte schreiben, die nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun hätten. Und doch beide wahr wären: Der erste würde von sagenhaften Materialien, irre komplizierten Funktionen und aberwitzigen Verzierungen handeln, also von Firmen, denen für einen kleinen weltweiten, elitären Zirkel fast keine Investition zu hoch scheint, der zweite von Kampfpreisen, neuen Standardwerken und einem zunehmenden Wettbewerb um die Gunst von Käufern, für die auch nur der Erwerb einer Luxusuhr eine große Lebensentscheidung darstellt.

Rolex Oyster Perpetual GMT Master II

Diese eine Uhr, das war bislang nicht selten eine Rolex. Hohe Zuverlässigkeit, hoher Status zu einem fairen Preis bei vermeintlich hohem Wertgewinn sind seit jeher die drei Säulen, die den Ruhm der Genfer Manufaktur ausmachen. Unter Uhrenkäufern in Deutschland, die mehr als 10.000 Euro für eine Uhr ausgeben würden, liegt man daher unangefochten an Platz 1 (90 Prozent sehen das so laut einer repräsentativen Umfrage von Uhren Monitor). Und so viele Menschen wie bei keiner anderen Uhrenmarke, nämlich 60 Prozent der Deutschen, die immerhin noch über 1.000 für eine Uhr Euro ausgeben würden, halten Rolex für eine sehr wertbeständige Marke.

Rolex Cellini Time

Doch ausgerechnet Rolex entzieht sich der Erstkäuferschicht mehr und mehr. Doch eins nach dem anderen. Zunächst rieben sich die Fachbesucher verwundert die Augen über die komplett neue, 12-teilige Cellini-Time-Kollektion, deren Wurzeln bis auf das Jahr 1968 zurückreichen. Und weil die Vorläufermodelle, wie man es vorsichtig in der Pressekonferenz ausdrückte „ein bisschen schwierig“ waren, will man jetzt den „Oyster-Enthusiasten“ eine elegante „Alternative“ bieten. Vor dem Werbehintergrund des Barcelona-Pavillons von Mies van der Rohe oder der berühmten Therme von Vals von Peter Zumthor wirken diese Modelle, deren Riffel-Lünette noch am ehesten an frühe Oyster-Uhren aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts erinnert, tatsächlich recht klassisch, aber eben nicht so richtig genug Rolex, als das man sagen würde: Darauf hat die Welt gewartet.

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Bitte nicht falsch verstehen, aber warum bringt man dann nicht eher eine Reminiszenz an die frühen, wunderbaren Oyster-Modelle oder Bubble-Backs? Diese würde im allgemeinen Retro-Fieber sicher besser gedeihen und geschichtlich besser das Gesamtbild der Marke abrunden, die damit beweisen könnte, dass sie auch schon lange vor der Erfindung der Sauerstoffflasche verdammt gute Uhren gebaut hat. Am ehesten für Sammler interessant dürfte die neue Dual-Time sein, zugleich die teuerste der Kollektion, deren zweite Zonenzeit über ein Hilfszifferblatt bei „6“ sehr gut ablesbar ist. Alle Uhren der Kollektion werden mit blauer Parachrom-Spirale und COSC zertifiziert ausgeliefert. Das Einstiegsmodell dieser klassischen Dress-Watch liegt allerdings – mit radial guillochierten Zifferblatt- mit 12.250 Euro schon in Regionen, wo bei den meisten Rolex-Käufern der Spaß langsam aufhört.

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Als dann die neue GMT Master II herumgereicht wird, geht ein leises Seufzen durch die Expertenrunde. Die 1955 ursprünglich für frühe PAN-AM-Piloten entwickelte, erste Uhr des Jet-Zeitalters ist eines der Sehnsuchtsmodelle vieler Markenfans schlechthin. Zehn Jahre warteten sie auf die Wiederkehr der zweifarbigen „Pepsi“-Lünette, deren Alu-Vorgänger 2005 mit Einführung der kratzfesten Keramikvariante eingestellt wurde. Erstmals gelang es den Forschern bei Rolex nun, durch ein patentiertes chemisches Verfahren, zweifarbige Keramik in einem Stück herzustellen, wobei die Zweifarbigkeit erst ganz am Ende beim Sintern entsteht. Auch wenn diese Uhr ein wunderbarer Beweis für Rolex’ Bemühen ist, das Bewährte mit jeder Uhr noch ein bisschen zuverlässiger, Details noch einen Hauch besser zu machen, trifft einen dann bei Bekanntgabe des Preises fast der Schlag: Das Modell wird zunächst nur für 31.000 Euro in einer Weißgoldvariante angeboten. Wie lange Sammler nun auf die Stahlversion warten müssen, das Material, um das sich für Rolex-Fans alles dreht, ist ungewiss.

Tudor Ranger und Blackbay

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Sicher ist hingegen: Das Einstiegspreissegment wird in Zukunft offensichtlich nur noch durch Konzerntochter Tudor abgedeckt. Und wie. Seit gut drei Jahren erlebt diese Firma einen Wiederaufstieg, der deutlich macht, was es heißt, wenn die richtigen Köpfe zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Namentlich sind das Managing Director Philippe Perevelli und Kreativchef Davide Cerrato (je seit 2009 und 2007 an Bord), die sprichwörtlich gehörig Staub aufwirbeln. Nicht nur schafften es die beiden, durch Wiederauflagen alter Modelle, den gesamten weltweiten Sammlermarkt aufzumischen (der sich plötzlich in Foren die Köpfe heißschreibt auf der Suche nach schrägen Farbvarianten und dafür Rolex-Preise zu zahlen bereit ist) sondern, kaum hat sich ein neues Modell an die Spitze der Verkaufszahlen gesetzt (derzeit die 2012 lancierte Blackbay), sofort nachzulegen. Das war im Jahr 2 (!) eines eigenen Messestandes zum einen eine blaue Variante der „Blackbay,“ die man eigentlich ursprünglich zum Relaunch des Modells vorgesehen hatte und sich erst in letzter Minute für die weinrote Lünette entschieden hatte. Zum anderen lohnt für Uhren-Einsteiger ab sofort der Blick auf die neue, an frühe Rolex-Explorer Modelle erinnernde „Ranger“, die auch auf ein Tudor-Modell aus dem Jahr 1967 zurückgeht. Denn sie ist für 2.380 Euro mit Edelstahlband nicht nur günstiger als die blaue Taucheruhr, sondern eben auch 150 Meter wasserdicht und wird grundsätzlich mit einem zweiten Textilband im Camouflage-Stil ausgeliefert. Im Inneren tickt ein verbessertes ETA- 2824-Werk.

Omega Seamaster 300, Speedmaster Apollo 11 und Seamaster Aqua Terra M Co-Axial

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Bei so viel Erfolg wundert es niemanden wirklich, dass auch Rolex’ großer, ewiger Gegenspieler Omega aus dem Swatch-Konzern, plötzlich mit einem Heritage-Modell aufwartet. Dort gibt es neben einer wunderschönen Speedmaster Apollo 11 (huch, schon wieder ein Jubiläum!) eben auch die „Seamaster 300“ zu bewundern, die sich zunächst einmal bei einer bestehenden, umfangreichen Seamaster Planet Ocean-Reihe nicht unbedingt aufzwingen würde. Auch wenn bei der Apollo 11 das 45-jährige Jubiläum nun wirklich zum Schmunzeln einlädt (nach dem Motto: Wir feiern jedes Jahr Geburtstag), werden sich Sammler nicht nur in die ungewöhnliche graubraune Farbgebung verlieben, die Limitierung auf 1969 Exemplare, sondern vor allem das Handaufzugs-Kaliber 1861 schätzen, dessen Vorläufer es bis heute als Einziges auf den Erdtrabanten schaffte. Das massive Nato-Band schmückt diese Uhr mit Titangehäuse neben der Sedna-Gold-Lünette mit schwarzer Keramik-Tachymeterskala ungemein. Highlight ist aber das komplett Laser-gravierte Zifferblatt, bei dem erst mit der Lupe zu erkennen ist, dass die scharfkantigen Indizes der Totalisatoren und Schriftzüge erhaben aus dem weggebrannten Material bestehen. 5.700 Euro sind zwar viel für Geld für eine Speedmaster, aber fair für dieses Gesamtpaket.

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Für gut 1000 Euro weniger oder genau 4.850 Euro bekommen Kunden dann in der „Seamaster 300“ sogar das letztes Jahr vorgestellte, antimagnetische Master Co-Axial-Werk aus der „15.000 Gauss“. Dass man dafür eigens ein Modell aus dem Jahr 1957 wieder ausgrub und nun nicht mehr wirklich durch den Namensdschungel dringt (neben der Planet Ocean, gibt es ja noch die fast gleichnamige Seamaster Diver 300 M) sei den Bielern insofern verziehen, weil das ebenfalls 300 Meter wasserdichte Modell mit Keramiklünette im Retro-Look, nun einmal absolut den Zeitgeist trifft. Wem der herzlich egal ist, findet übrigens mit der Seamaster Aqua Terra Master Co-Axial im 41,5-Millimeter-Stahlgehäuse und Lederarmband, die günstigste Art, das wohl jetzt schon als epochal angesehene, antimagnetische Uhrwerk zu tragen:  Der Preis liegt hier sogar bei 4.350 Euro. Houston, we have no Problems!

Breitling Navitimer GMT

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Es wäre nun ungerecht, Breitlings Relaunch der Navitimer-Reihe dem gegenwärtigen Retro-Trend zuzuschreiben. Dieser Uhr, deren Urahn mit dem ersten rundem Rechenschieber es zumindest in der Version für Piloten ab 1952 gab, lange vor Erfindung des Taschenrechners oder gar GPS, ermöglicht es, Triebstoffreserven oder Sinkflugraten zu be- und Navigationseinheiten umzurechnen. Ihrem Gehäuse tut die Vergrößerung von 42 Millimeter auf jetzt stattliche 46 richtig gut, mindestens ebenso wie die heute von Vielfliegern sicher geschätzte, ebenfalls erhältliche GMT-Funktion mit roter 24-Stunden-Zeigerspitze und Schnelljustage. Die nun mit dem Manufakturkaliber B01 ausgerüstete Navitimer 01 GMT kostet 7.560 Euro, die auf 200 Exemplare limitierte Goldversion empfehlen wir nur Fans der Marke, da man den Klassiker gewöhnlich in Stahl zu kaufen pflegt.

Patek Philippe Nautilus 5990/1A und Calatrava „5960/1A“

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Ausgerechnet aus diesem Material präsentierte auch Patek Philippe nun seine beiden großen News zum 175. Firmenjubiläum. Ein Termin, den sich die Sammlerelite bestimmt seit 1989 in die Kalender eingetragen hatte. Wir erinnern uns: Zum 150. Geburtstag beschenkte man die Welt mit der bis dato kompliziertesten Taschenuhr, dem Kaliber 89. Nein, die Nautilus der Referenz „5990/1A“ (43.160 Euro) und eine in Stahl extrem seltene Calatrava der Referenz „5960/1A“ (41.320 Euro) werden natürlich nicht das letzte Wort in Sachen Jubiläum sein. Aber warum, wird sich die Familie Stern gedacht haben, sollte man sich mit der halben Aufmerksamkeit während der Baselworld begnügen, wenn man zum richtigen Termin im Herbst (genau im Oktober) auch die komplette Aufmerksamkeit aller Medien bekommt? Und, das sollte auch nicht vergessen werden, wenn man in Basel schon mit einem wunderbaren, neuen Messestand glänzen konnte, einem offenen Glaskubus des Mailänder Architekten Ottavio di Blasi.

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Die neue Nautilus hat es dennoch in sich und wurde umgehend zum Highlight der Messe. In die „Travel-Time Chronograph“ genannte Uhr wurden zwei Drücker am linken Gehäuserand so geschickt in die Flanke integriert, dass man fast annehmen könnte, das Ur-Design eines klappbaren Bullauges wurde überhaupt nicht angerührt. Allerdings stellt man beim stundenweise Vor- und Zurückdrücken der Lokalzeit schnell fest, wie aufwendig es gewesen sein muss, diese Funktion nicht nur mit der des Chronographen überein zu bringen, sondern ebenfalls ein Zeigerdatum bei „12“,  sowie zwei Tag- und Nachtanzeigen für beide Zeitzonen unterzubringen und das ganze auch noch – dem Namen Nautilus verpflichtet– 100 Meter wasserdicht zu gestalten.

Bei der geradezu sportlich geratenen Stahlvariante des Jahreskalender-Chronographen im Calatrava-Look dürften bisherige Käufer und Sammler der seit 2006 erhältlichen Gold- und Platinmodelle zunächst nervöse Zuckungen bekommen haben, bevor sie die Presseinformationen genau gelesen hatten: Denn die neue Uhr wird alle diese bisherigen Modelle schlagartig ersetzen, was einem der Bestseller der Manufaktur sowohl für bisherige Sammler als auch für Neukäufer spannend macht.

Zenith „El Primero Leightweight“ und „Captain Port Royal“

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Die werden sich auch neugierig der neue El Primero-Lightweight-Variante von Zenith zuwenden. Keines der in den letzten zehn Jahren im Uhrenbau verstärkt eingesetzten High-Tech-Materialien wurde hier vergessen: Das Gehäuse besteht aus keramisierten Aluminium, das von Kohlefasern umgeben ist, während im Inneren Anker- und Ankerrad aus nicht magnetischem Silizium gefertigt wurden. Neben Platinen und Brücken wurden auch die Krone und Drücker aus leichtem, Ruthenium-beschichteten Titan hergestellt. Während man beim Werk so etwa 25 Prozent Gewicht einsparen konnte im Vergleich zur Standard-Variante, geriet das Gehäuse der auf 250 Exemplare limitierten Uhr mit 45 Gramm sogar beinahe halb so schwer wie das Original in Stahl (85 Gramm). Selbst die Ziffern hat man bei diesem futuristischen Modell skelettiert ausgebildet, um Gewicht zu sparen. Mindestens ebenso spannend wie das 15.400 Euro teure Modell fanden wir aber die Tatsache, dass man im Sommer plant, mit der Captain Port Royal-Reihe Uhren ab 2.400 Euro mit Selitta-Werken anzubieten. Endlich mal ein Hersteller, der auch an die nächste Generation der Kunden denkt, mal angesehen davon, dass der Trend zum Manufakturwerk eben vor allem unnötig die Preise treibt, ohne die Qualität im Kern merklich zu verbessern.

Bell & Ross „B-Rocket“ und BR-X1

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Das erklärte uns auch Carlos Rossillo, Chef und Inhaber bei Bell & Ross, kürzlich während einer Stippvisite im Pariser Firmensitz: „Wir wollen keine Manufaktur im klassischen Sinn sein“ erklärte er trotzig. Warum auch? Und führte weiter aus: „Wer in der Uhrenbranche glaubt, 50 Jahre Werksbau-Erfahrungen der ETA in drei Jahren aufzuholen, hat entweder keine Ahnung oder viel zu viel Geld.“ Und während wir dort während der Verleihung des großen Automobil-Designpreises vor dem Invalidendom erstmals einen Blick auf eine unglaubliche Kooperation mit Harley Davidson werfen konnten, mit denen man zusammen das erste Motorrad der Firmengeschichte entwickelte, richtete sich in Basel der Blick vor allem auf zwei Uhrenmodelle:

Die nach dem Salzwüsten-Racer benannte Kollektion „B-Rocket“, bei der uns das auf 500 Exemplare limitierte Chronographenmodell mit gepolstertem Kalbslederband ebenso gefiel, wie der Ausblick auf die Zukunft des berühmtesten Firmendesigns, die neue BR-X1. Die Fotos liegen derzeit noch streng unter Verschluss. Hier lies Designer Bruno Belamich seine inzwischen 20-jährige Erfahrung im Gehäusedesign einfließen. Im vierten Quartal wird man diesen Skeleton-Chronograph vorstellen, von dem es zunächst nur 250 Exemplare geben wird und dessen Chronographendrücker sowie Bandanstöße ahnen lassen, dass man sich die letzten zehn Jahre sehr genau  angesehen hat, was Hublot, aber vor allem Audemars Piguet bei seinen Sondermodellen der Royal Oak Offshore so getrieben hat. Was uns an Bell & Ross besonders fasziniert? Dass man es eben in kaum einem Vierteljahrhundert geschafft hat, eine quasi 100-jährige Design-Historie gestalterisch logisch nachzuvollziehen. Welcher Laie würde nicht denken, dass diese Firma mindestens fünf Mal so alt sein müsste? Von Taschenuhren, über die klassische Fliegermodelle bis hin zu ultramodernen Taucheruhren oder komplizierten Tourbillons hat man mit dem Fokus auf Militärhistorie ein schier unerschöpfliches Ideenresource gefunden. Dass die beiden erst kürzlich in die französische Ehrenlegion aufgenommen wurden, versteht sich fast von selbst. Chapeau, mes amis!

Oris „110 Years Limited Edition“

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Den Hut ziehen möchte man dieses Jahr auch vor einem Konkurrenten, der sich zwar viel nüchterner als die Franzosen gebiert, aber ebenfalls viel mit militärischen Traditionen arbeitet. Die Rede ist von der Firma Oris, die nun auf der Messe erstmals seit 35 Jahren, passend zum 110. Firmenjubiläum (juchuh, noch ein Jubiläum), wieder ein eigenes Uhrwerk präsentierte. Wenn man sich vorstellt, dass die Firma mit Stiftankerwerken einmal zu den zehn größten Uhrenproduzenten der Welt gehörte und 1970 etwa 1,2 Millionen Uhren im Jahr für damalige Zeit fast industriell herstellte, scheint das nur ein logischer Schritt. Von 1904 bis zur Quarzkrise und dem großen Schnitt 1982 hatte man immerhin 373 Uhrwerke entwickelt. Das neue Uhrwerk kommt in doppelter Hinsicht Kunden entgegen: Mit zehn Tagen Gangreserve und einer patentierten, nicht linearen Reserveanzeige (je leerer der Tank desto genauer ablesbar ist sie) ist die Uhr nicht nur besonders praktisch, sondern eben auch innovativ. Es darf als sicher angenommen werden, dass die derzeit limitierten 110 Stahlmodelle für 4500 Euro nur der Anfang einer Großserienproduktion sein werden, wenn der Markt so positiv reagiert wie die Presse.

Nomos „Metro Datum Gangreserve“

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Die reagierte auch mit ganzseitigen Texten auf eine echte Innovation aus Deutschland. Schon zum 24. März titelte die Frankfurter Allgemeine auf ihrer Unternehmens-Seite: „Nomos Glashütte bricht das Swatch-Monopol.“ Was ist da los? In ihrer neuen Uhr „Metro“ verbaute man erstmals ein „Assortiment“ genannte, entscheidende Baugruppe einer Uhr aus eigener Fertigung. Bestehend aus Unruh, Spirale, Ankerrad und Anker und weiteren Teilen, gibt dieses Element nicht nur den Takt einer Uhr an, es ist auch extrem aufwendig herzustellen und fast jede Uhrenfirma der Welt bestellt es bei ETA-Tochter Nivarox. Bislang. Seit letzter Woche werkelt das „Swing-System“ genannte Schwingsystem im Werk DUW 4401 mit 42 Stunden Gangdauer in der „Metro Datum Gangreserve“. Dass sich die Bekanntgabe für Geschäftsführer Uwe Ahrendt „ein bisschen wie die Landung auf dem Mond“ anfühlte, ist verständlich, uns erinnerte es eher ein wenig an die Zeiten des Satelliten Sputnik, als die Russen den Amis plötzlich über den Köpfen kreisten. Für 2.600 Euro wird sich diese Uhr jedenfalls schnell einen festen Platz in den Herzen nicht nur Deutscher Uhrensammler und Fans guter Mechanik erobern.

Tag Heuer „Carrera CH80“, Calibre 5 und „Monaco V4 Tourbillon“

Die werden sich auch ganz genau ein neues Manufakturwerk von Tag Heuer anschauen: Das neue Werk „CH80“ mit namensgebenden 80 Stunden Gangreserve, das im letzten Jahr bereits als Prototyp angekündigt wurde, soll in den neuen Produktionsstätten im Schweizer Jura bis zu 100.000 Mal jährlich (bis 2016) hergestellt werden. Dort investierte man 40 Millionen Euro, um neben dem Innenleben für Chronographen nun auch Gehäuse, Zifferblätter und Zeiger der gleichnamigen Uhr „Carrera CH80“ zu produzieren. Diese ist gleich in doppelter Hinsicht spannend: Zum einen ist das Werk nun eine komplett eigene Entwicklung, nachdem man sich von Experten mit dem „1887“ 2010 Kritik einhandelte, weil die schnell erkannten, dass es sich im Grunde um ein Uhrwerk von Seiko handelte. Zum anderen dürfte diese Carrera nun endgültig die letzte sein, bei deren Design der Urenkel des Firmengründers, Jack Heuer mitgearbeitet hat. Mitten auf der Messe tauchte er plötzlich vor einem auf, um sich zu verabschieden: „Das ist definitiv meine letzte Baselworld. Alles Gute für sie.“ Am Stock gehend, aber aufrecht, verschwand der 82-Jährige, der so ziemlich alles erlebt hat, was die Uhrenbranche in den letzten 50Jahren zu bieten hatte, im Strom der Messebesucher. Das Dankeschön für sein Lebenswerk, das unermüdliches Arbeiten am modernen Automatik-Chronograph mit Mikro-Rotor, sein Streben nach Modernem Uhrendesign und sein Einsatz für die Sportzeitmessung, sei hiermit nachgereicht.

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Welches Modell verkörpert besser all das als die Variante der „CH80“ mit schwarzen Totalisatoren auf silbernem Grund, deren Ur-Modell Sammler „Panda“ tauften,  mit klassischem Lochlederarmband und rotem Sekundenzeiger, in welcher dieser moderne, nur 6,5 Millimeter flachen Schaltrad-Chronographenkaliber mit vertikaler Kupplung arbeitet. Dass es 34 Jahre nach dem Ende der alten Heuer-Dynastie eine riemengetriebene Variante der legendären Monaco mit Tourbillon geben würde, hätte sich dieser Visionär wahrscheinlich auch nie träumen lassen. Es war ein weiter Weg von der ersten riemengetriebenen Armbanduhr 2004 bis zum ersten riemengetriebenen Tourbillon und wir sind gespant, wie lange es diesmal bis zur Auslieferung dauern wird, nachdem Käufer der ersten rund 5 Jahre warten mussten. Beim neuen Modell laufen die haardünnen Riemchen über zwei V-förmige Brücken zum Tourbillonmechanismus. Neben diesem Modell, das zirka 120.000 Euro kosten wird, baut man Gott sei dank eben auch mit der „Carrera Calibre 5“ Uhren, die ab 2.200 Euro die Produktpalette auch für Einsteiger interessant machen.

Victorinox „infantry mechanical“ , Diver 500M“ und „Inox“

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Apropos: Es gibt heute auch mechanische Uhren für deutlich weniger Geld. Wer sich traut, mal bei Firmen wie Victorinox reinzuschauen, der wird dort mechanische Uhren ab rund 620 Euro finden wie die 100 Meter wasserdichte „Infantry mechanical“ mit klassischen ETA 2824-Werk. Für 2.770 Euro bekommt man dort sogar die auf 500 Exemplare limitierte, teuerste Uhr des Hauses: Mit der bis 500 Meter wasserdichten Uhr im Titangehäuse, in der ein ETA-Chronograph werkelt, begeht man zugleich das 25-jährige Jubiliäum einer eignen Uhrenkollektion. Um die Robustheit seiner Uhren zu demonstrieren, fuhr man über das neue Uhrenmodell „Inox“, das Stürze aus zehn Meter auf einen Steinfußboden überstehen soll, sogar zu Testzwecken mit einem Kettenpanzer über das bis 200 Meter wasserdichte Gehäuse. Da sei ihr verziehen, dass diese Uhr zum 130. Firmenjubiläum „nur“ mit einem Ronda-Quarzwerk ausgeliefert wird. Dafür ist der Preis mit 420 Euro eben doppelt unschlagbar.

Longines „Conquest Heritage 1954-2014“

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Unschlagbar ist auch der Preis einer Uhr von Longines: Dort zeigt man der versammelten Konkurrenz zum 60. Geburtstag seiner Uhrenlinie Conquest mal eben, was eine Harke ist: Denn das auf nur 60 Stück limitierte Massivgoldmodell mit Alligatorlederband ist für 3.650 Euro zu haben. So manche andere Firma verlangt schon für Stahlmodelle mit Eta-2824/2 Werk gerne mal diesen Preis. Eine Stahlvariante wird es natürlich auch geben, auf 600 Exemplare limitiert und für unter 1.200 Euro.

Mühle Glashütte „Kampfschwimmer“

Aber noch mal zurück zur derzeitigen Begeisterung für alles Militärische, wie man es bei Bell&Ross, Victorinox und Oris findet. Selbst Eterna und Alpina gehen mit sogenannten field-watches an den Markt, zumindest sehen diese Uhren so aus, wie die millionenfach produzierten Kriegsuhren des zweiten Weltkrieges. Wer hingegen wirklich wissen will, wie Uhren aussehen, die Soldaten wirklich bei Einsätzen tragen, der muss den Blick derzeit noch mal nach Glashütte richten. Bei Mühle hat man sich in den letzen Jahren wirklich darum gekümmert, echte Einsatzuhren zu bauen und nicht nur welche, die so aussehen. Das mag ästhetisch zunächst verwundern, aber seit wann haben Designer in Elite-Einheiten das sagen? Die neue „Kampfschwimmer“ zum Beispiel, ein 300 Meter wasserdichter Bolide mit robustem Selitta SW 200-Automatikwerk in der Überarbeitung mit Spechthalsregulierung, wurde in enger Abstimmung mit der deutschen Kampfschwimmer-Kompanie entwickelt, die dieses Jahr übrigens den 50. Geburtstag begeht.

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So orientiert sich die sägezahnartige Lünette, zum einen zwar am Abzeichen der Schwimmer, einem Sägefisch, ist aber einseitig drehbar, so auch kaum falsch zu bedienen. Und wer sich über die Drei-Minuten-Skala beschwert, hat einfach von Militärtauchen heute keine Ahnung: Diese ungewöhnliche Zeiteinheit ist für die Kampfschwimmer die wichtigste: Sie werden in ihrer dreijährigen Ausbildung darauf gedrillt, bei einem Tauchgang verschiedene Distanzen in drei Minuten zurückzulegen. Allein drei Monate lang werden täglich Tauchgänge nachts durchgeführt um dieses Timing im Ernstfall mit der notwendigen Gleichmäßigkeit abrufen zu können. Mit der Drei-Minuten-Einteilung in Verbindung mit einem Kompass können sich die Kampfschwimmer orientieren. Dazu werden übrigens alle Uhren zusammen mit diesem Gerät auf ein Kompassbrett geschraubt. Man möchte diese Informationen gerne mal den Ingenieuren von Panerai übermitteln. Die Uhr kostet übrigens 2.500 Euro. Die Soldaten müssen sie übrigens auch privat kaufen.

Maurice Lacroix

Auch bei Maurice Lacroix war man letztes Jahr übrigens regelrecht überrascht vom bahnbrechenden Erfolg der wirklich hervorragenden Pontos S Diver. Ob es schlau war, beim Nachfolger nun das Gehäuse von 43 Millimeter auf stattliche 48 aufzublasen, muss sich noch zeigen. Wahlweise gibt es das schwarz-gelbe oder schwarz-rote Design mit PVD beschichtetem oder blankpoliertem Edelstahgehäuse, ein bisschen fummelig fiel bei der 200 Meter wasserdichten Uhr mit ETA-Valgranges-Automatik die Bedienung des innenliegenden Drehrings aus. Der markante Sicherheits-Dreh-Drücker verrichtet seine Arbeit zwar einwandfrei, ist aber für große Finger doch sehr mäßig zu bedienen. Die Uhr wird es mit schwarzer PVD-Beschichtung für 4.100 Euro geben.

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Apropos Schwarz: Der Hype um diese Uhrengehäusefarbe ist immer noch nicht zu Ende. Mal abgesehen von Highlights von Tag Heuer oder Hublot und Zenith, die wir zum Teil schon oben erwähnten, könnte man das am besten bei denen als bislang als Modefirmen abgetanen Marken beobachten. Aber gerade wenn man sich heute die Lizenzmarken der Fossil-Group anschaut, wird einem schnell bewusst, dass auch hier neue Zeiten angebrochen sind. Da rückt zum Beispiel Armani mit seiner 51-teiligen Swiss-Made-Kollektion an, in der mehrere Jahre harte Entwicklungsarbeit und einige Millionen Investitionsgelder stecken: So kaufte man nicht nur den Luganer Werkehersteller STP, der in Zukunft gut eine halbe Million Automatikwerke für die Italiener produzieren soll, sondern ebenfalls einen Gehäusefabrikanten, dessen Feuertaufe in Basel die sehr eleganten Hüllen für die „Emporio Armani Swiss Made“ Uhren sind. Ab 950 Euro gibt es hier Mechanik in einem wunderschönen Gehäuse, einer flachen, bombierten TopLoad-Konstruktion, die es nicht nur in Edelstahl und, sondern eben auch in drei jeweils auf 333 Stück limitierten, ionenbeschichteten, schwarzen Variante gibt. Die 150 Euro lohnen sich. Fossil hat jedenfalls mit Armani Großes vor: Den Dress-Watches folgen nächstes Jahr mechanische Sportmodelle.

Burberry „The Britain Dual Time“

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In welche Richtung die gehen könnten, das vermitteln die aktuellen Sportmodelle von Schwestermarke Burberry (zumindest was die Uhren angeht, gehören ja die Lizenzen zur Fossil-Group). Auch auf deren Uhrenstand wird so mancher alter Hase geschluckt haben, wenn er sich die „The Britain Dual Time“ mal genauer angesehen hat: Für 3495 Euro bekommt man dort ein auf 100 Stück limitiertes Sondermodell in einem 47 Millimeter großen, bis 100 Meter wasserdichten Titangehäuse, dessen Saphirglas eine Lünette aus Wolfram schützt und in dessen Inneren ein C.O.S.C-zertifiziertes Automatikwerk aus dem Hause Technotime arbeitet. Dass die Uhr mit Großdatum bei „12“ auch noch mit GMT-Funktion kommt (die übrigens genauso praktisch ablesbar ist wie die der neuen Rolex Cellini Dual Time, machte uns einfach sprachlos. That’s a lot value for money, honey.

Glashütte Original „Seventies Chronograph Panoramadatum“

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Orientieren könnte sich Armani auch stilistisch auch an Glashütte Original. Bei der Swatch-Group Tochter bringt man nicht ohne Grund den Chronographen der Seventies Panoramadatum in gleich drei neue Zifferblatt- und Bandvarianten. Die Uhr mit Automatikwerk und Säulenradschaltung erinnert vom Look her an die großen Designs von Gerald Genta aus den Siebziger Jahren (am ehesten noch an die Nautilus von Patek Philippe) und ist doch dank TV-Screen-artigem Zifferblatt eigenständig. Jede Wette: Mit einem Preis von 12.500 Euro wird auch diese Uhr schnell zum Bestseller der Glashütter entwickeln, wozu auch die 70 Stunden Gangreserve und das klassische Großdatum beitragen dürften.

Girard Perregaux Tourbillon Tri-Axial

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Ob ein ähnlicher Erfolg Girard Perregaux mit seinem neuartigen Drei-Achsen Tourbillon beschieden sein wird, halten wir derzeit für noch nicht ausgemacht. Überhaupt hat man sich diese ursprünglich für Taschenuhren von Louis Breguet erfundene Funktion ein wenig satt gesehen. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Vorteil der Ganggenauigkeit durch ständige Lageveränderung einer Armbanduhr in der Regel minimal ist, während bei einer horizontal gelagerten Taschenuhr diese Bewegungen durchaus Sinn machen können. In vielen Armbanduhren geben die Hersteller auch gerne zu, dass sie das Thema eher künstlerisch begreifen: Schöner als im  „Tourbillon Tri-Axial“ von GP geht es jedenfalls kaum, das Herz der Uhr zu präsentieren, was sicher auch an der aufwendigen Saphirglaskuppel liegt. Die Zehn Käufer werden sich jedenfalls schnell finden.

Classic Fusion Tourbillon Firmament

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Geht es noch exklusiver? Aber natürlich, lautete in den letzten Jahren recht häufig die Antwort der für alte Uhrenhasen fast noch jugendlich jungen Manufaktur Hublot aus Nyon bei Genf. Auf dem Messestand zeigte man ein Modell mit einem Zifferblatt aus Osmium. Nie gehört? Macht nichts. Aus dem seltensten Metall der Erde besteht das Zifferblatt. Es wäre gemein zu behaupten, dass es sich dabei um ein Abfallprodukt der Platingewinnung handelt, denn um 30 Gramm dieses Materials zu erhalten, müssen in den amerikanischen Minen erst einmal 10.000 Tonnen Platin gewonnen werden. Bis vor kurzem wussten nicht mal Experten, was man mit diesem in Reinform sehr giftigen Material anfangen kann: Der lateinische Name kommt von „Riechen“ und weist dezent darauf hin, dass das Einatmen schlagartig den Geruchssinn des Menschen zerstört. Für Immer. Die Hublot-Ingenieure verwenden das Material daher auch in ungiftiger Kristall-Form, für die sie sich ein spezielles Verfahren patentieren ließen. Man darf gespannt sein, wieviele Uhren es davon geben wird: Nachdem man zehn Kilo des Metalls, von dem die Jahresproduktion etwa 30 Kilo beträgt erworben hatte, schoss der Preis nach Spekulationen von 30 Euro pro Gramm auf etwa 600. Zwanzig Mal so viel wie Gold. Die weltweiten Reserven werden auf einen 200 Tonnen schweren Würfel von zwei Meter Kantenlänge geschätzt. Da ist die Uhr, die etwa 150.000 Euro kosten wird, gerade zu günstig.

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Bei so viel Wirbel um ein Metall hätten wir fast die charmante, offizielle Uhr zur Fußball-WM vergessen, bei der Hublot sein Unico-Werk in einen seltenen Chronographen mit Bi-retrograder Anzeige der Spielhalbzeiten umbaute. Sie trägt denn auch den längsten Namen der Fußballuhrengeschichte: „Big Bang Unico Chrono bi-retrograd offizielle Uhr der Fifa-Fußball-Weltmeisterschaft Brasilien 2014“. Die Uhren gibt es in zwei auf 200 und 100 Exemplare limitierten Serien. Für die Deutschen Spieler käme sie als Gewinnprämie jetzt jedenfalls wieder in Frage: Denn IWC musste sich mit dem dritten Jahrgang seiner äußerst erfolgreichen DFB-Uhren aus dem FIFA-Zirkus verabschieden: Zu häufig, so die Kritiker unter den Sponsoren, sei im Uhrenland Deutschland von der Uhr eines Nicht-Sponsors berichtet worden. Sammler wird’s mächtig freuen, die Spieler sicher nicht: Bis heute ist keine der nummerierten Spieleruhren auf dem Markt aufgetaucht. Wer würde sich schon diese Blöße geben?

Eterna Kontiki Two Time Zones

Drei Firmen möchte man abschließend noch Respekt zollen nach dieser Baselworld, wovon zwei ausgerechnet aus China kommen. Denn auch wenn Corum und Eterna als Schweizer Marken bekannt sind, befinden sich beide ja fest in fernöstlicher Hand. Nach ersten Unkenrufen in der Vergangenheit durften beide Häuser nun erstmals wieder neue Kollektionen präsentieren: Während Eterna im ehemaligen Presse-Zentrum Platz fand und unter der Führung von Bruno Jufer neue Wege geht, befindet sich der Corum-Messestand immer noch in Halle 1. Also business as usual? Keineswegs: Während Corum derzeit mit der FeatherWatch, in der eine Pfauenfeder das Zifferblatt bildet und seiner berühmten Coin-Watch an alte Traditionen anknüpfen will (die Coin-Watch ist für Sommer geplant) geht Eterna im doppelten Sinn neue Wege: Die Chinesen stellen das nötige Kleingeld zur Verfügung, um das extrem ehrgeizige Manufaktur-Modulwerk-Konzept doch noch umzusetzen.  Denn mit dem Kaliber 39 sind insgesamt ohne weitere Umbauten bis zu 88 Werksvarianten möglich. Laut Presseangaben soll das Basiswerk extrem genau sein und Chronometerqualität liefern. Um bei diesem Werk aus einer Drei-Zeiger-Uhr mit Handaufzug einen Automatikchrono zu zaubern, seien lediglich drei Schrauben. Erste Uhr mit diesem Werk ist die neue Royal KonTiki mit GMT Funktion, eine bis 100 Meter wasserdichte Sportuhr für 4.180 Euro.

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Last but not least…

Als letztes möchten wir den Blick auf eine bislang fast unbekannte Firma lenken, die für ihre kurze Zeit des Bestehens schon Erstaunliches geleistet hat: Der Name Revelation dürfte auch vielen Kennern noch nicht untergekommen sein. Als sich 2007 das Designerpaar Anouk Dante und Olivier Leu zusammenschlossen, hatten sie nicht nur jahrelange Erfahrung im Uhrenbau und exzellente Kontakte, sondern auch eine spannende Idee: Wie könnte man es erreichen, eine mechanische Uhr herzustellen, die man nicht immer vom Arm nehmen muss, um anderen Menschen das faszinierende Innenleben zu präsentieren. Sie entwickelten einen heute patentierten Mechanismus, bei dem zwei polarisierenden Glasscheiben mit einer einfachen Vierteldrehung der Lünette übereinander so verdreht werden können, dass mal ein durchsichtiges, mal ein opakes Zifferblatt entsteht.

Die Technik ist so frappierend, dass man sie sich sofort für die eigene Uhr wünscht. Dass bereits die ganz großen Namen angeklingelt haben und das Patent haben wollten, ist klar. Uns freut es, dass gerade aus solch privatem Engagement, heute immer noch bahnbrechende Ideen kommen. Denn ohne sie wäre die Uhrenbranche bald nur noch ein lahmer Haufen von Konzernmarken, die sich aus Angst vor allzu großer Veränderung nur in Tippelschritten von Messe zu Messe hangeln würden. Dass die goldenen Zeiten vorbei sind, hat man ja nicht zuletzt schon durch Einbruch des chinesischen Marktes zu spüren bekommen und besinnt sich nun endlich wieder auf die europäische Einsteigerklasse. Dass dort allerdings Ende das Jahres ein ganz neuer Player mitmischen könnte, stimmt jetzt schon so manchen CEO nervös. Der oberste Herr von Hublot, Tag Heuer und Zenith, Jean Claude Biver, verlautbarte schon zu Beginn der Messe auf Journalistenfragen: Er werde sich als Erster eine iWatch kaufen, wenn Apple eine bringen wird. Das ändert allerdings wenig daran, dass die Amerikaner wohl im Hintergrund bereits massiv versuchen, gute Mitarbeiter den Schweizer Manufakturen abzuluchsen, wie mehrere Firmen der Schweizer Presse berichteten. Wenn die erste Uhr von Apple im Herbst nach unseren Quellen vorgestellt werden wird, wird die Vorfreude auf die Messe im nächsten Jahr am Ende nur noch größer.